Ckster – Das Festival
Das ckster Festival setzt sich jeweils mit einer aktuellen, gesellschaftsrelevanten Thematik auseinander und untersucht dabei Projekte, Personen, Ideen und Möglichkeiten, die Hacking als Strategie nutzen, um sich ebendieser Thematik anzunähern. Ckster will einerseits Zugang zu den Themen Gender, Hacking und Gender Hacking schaffen und gleichzeitig deren Potenzial untersuchen. Es versteht sich auch als Plattform, welche von den Beitragenden mitgestaltet wird und zur Vernetzung zwischen Versierten und Interessierten dient. Zudem werden Kollaborationen mit verschiedenen Partnerorganisationen und Einzelpersonen in einem interdisziplinären Rahmen erarbeitet und gefördert. Das Format des Festivals ermöglicht einerseits eine fruchtbare Transdisziplinarität und stellt gleichzeitig eine zugängliche und vermittelnde Plattform für das Publikum. Das Format des Festivals schafft so eine einzigartige Voraussetzung für Austausch und Begegnung zwischen sämtlichen Partizipierenden. Nicht selten können dabei neue Bekanntschaften und Ideen entstehen.
HACKING
Hacking, wie wir es heute verstehen, wurde die ersten Male in den 1950er und 1960er Jahren unter den Mitgliedern des Modelleisenbahnklubs am Massachusetts Institute of Technology verwendet. Ein Hack oder Hacker war eine Bezeichnung für kreative, herausragende Lösungen der Schaltkreise einer Modelleisenbahn. In den 1960er Jahren, als Studierenden die ersten Grossrechner zur Verfügung standen, waren es wiederum diese Proto- Hacker, welche knifflige Probleme am Computer lösten. Diese Grossrechner hatten eigentlich vorbestimmte Zwecke und waren von Systemadministratoren beaufsichtigt. Die lösungsorientierten Hacker entwickelten Strategien zur Optimierung und Maximierung von Software, reizten Hardwarepotenziale aus und suchten nach Schnittstellen, um diese als Vorteile zu nutzen.
HACKING ALS KULTURSTRATEGIE
Hacking ist eine experimentelle und kreative Problemlösungsstrategie, welche die Grenzen des Machbaren untersucht und neu setzt. Hacking ist eine Strategie, welche sich eine Vielzahl von Methoden zunutze macht und, obwohl der Begriff populär konnotiert und im IT verortet ist, eine lange Tradition in der Kulturproduktion besitzt. Hacking bezeichnet grundsätzlich den Vorgang, sich die Sprache eines Systems anzueignen, Schnittstellen zu erkennen und sich Zugang zu eben jenem System zu verschaffen, um es nach den eigenen sowie gesellschaftsrelevanten Wünschen und Fähigkeiten umzugestalten. Ein Hack untersucht ein System auf seine Möglichkeiten und Potenzial und erweitert und überprüft dessen ursprüngliche Bestimmung. Hacking darf nebst seinem Potenzial für kreative Lösungen, um die Sichtweise ergänzt werden, dass Systeme nie als abgeschlossen, sondern stets als weiterentwickelbar verstanden werden. Somit hat Hacking das Potenzial, Zugang zu schaffen explorativ und spekulativ Neues zu erkunden und erdenken.
GENDER
Gender bezeichnet die Geschlechtseigenschaften einer Person in Abgrenzung zum biologischen Geschlecht, welche durch Gesellschaft und Kultur geprägt sind. Im Englischen wird das biologische Geschlecht mit sex bezeichnet, und das soziale Geschlecht mit gender. Gender beeinflusst jeden Bereich des Menschseins. Identitäten sind komplexe Konstruktionen welche unter anderem durch Geschlecht, Ethnizität, kulturelle Verortung, Alter, sexuelle Ausrichtung geprägt sind und im Zusammenspiel mit gesellschaftlichen Normen und Entwicklungen gestaltet werden. Aus eurozentrischer Perspektive ist die binäre Geschlechterordnung von Mann und Frau normgebend. Wer von dieser Norm abweicht, wird fast immer in kleinen bis grossen Aspekten des gesellschaftlichen Lebens diskriminiert. Jedoch lässt sich sagen, dass dieses dichotome System weder historisch, biologisch noch kulturell als Dogma verstanden werden kann. So bieten verschiedene, nicht europäische, Kulturen unterschiedliche Möglichkeiten an, wie Gender gestaltet werden kann. So sind zum Beispiel Hjras, das dritte Geschlecht, in Indien und Südostasien seit langer Zeit Bestandteil des alltäglichen Lebens. Es lässt sich festhalten, dass sich der menschliche Körper nicht aufgrund seiner Geschlechtsmerkmale, Hormone und DNA in einem binären Gendersystem fixieren lässt. Vielmehr sind es historisch wandelbare gesellschaftliche Zuschreibungen und Prozesse, die diese Zuschreibungen vornehmen. Gerade aktuellere wissenschaftliche, technologische und kulturelle Entwicklungen schaffen neues Potenzial für Transformationen, durch welche neue Vorstellungsweisen von Gender ermöglicht werden. Wissenschaftliche, technologische und kulturelle Entwicklungen schaffen neues Potenzial für Transformationen, welche neue Vorstellungsweisen von Gender ermöglichen. Gender kann also durchaus als Prozess verstanden und gelesen werden. Dies ermöglicht eine Vielfalt an Möglichkeiten um sich mit der Strategie des Hacking auf künstlerischer und kultureller Ebene auseinanderzusetzen.
GENDER HACKING
Gender Hacking bedeutet in diesem Rahmen, die Potenzialität des (eigenen) Genders selbstbestimmt und im bewussten Kontext zu Gesellschaft und Entwicklungen mitzugestalten. Gender Hacking ist eine Kreativstrategie und Form der Kulturproduktion. Es umfasst Methoden und Techniken auf psychosoziale, biopolitische und -technische sowie auf digitale und elektronische Weise. Gender Hacking kann als Strategie verstanden werden, welche Menschen in Bezug zu den schnellen kulturellen und technologischen Entwicklungen und deren Potenzial und Grenzen setzt. Es hinterfragt unsere Rollen als Mensch und als Individuum im Austausch und als Produkt sozialer und technologischer Kategorien. Durch Gender Hacking wird die Prägung von Geschlechterrollen auf kreative Weise untersucht, infrage gestellt und mit imaginativen Eingriffen überwunden und erweitert. So eröffnen sich Spielräume der Genderperformativität. Gender Hacking stellt die Frage nach der wechselseitigen Durchdringung von Körper, Identität und Gesellschaft und ob ein Blick jenseits von Identitätszuschreibung und Geschlechterkategorien möglich ist. Auf der körperlichen Ebene ist das Eindringen und Mitgestalten des Systems oft auch wörtlich zu nehmen. Ein gutes Beispiel sind die Arbeiten von Opensource Gendercodes, Testojunky oder Mary Magic. Sie alle arbeiten mit DIY-Hormontherapien – eine Praktik, der eigenermächtigten Einnahme von Hormonen, abseits der Kontrolle von medizinischen Institutionen. Dies ist eines von vielen Beispielen wie Hacking unseren Umgang mit und unsere Auffassung von Gender künftig verändern könnte. Vor gut 25 Jahren stellte sich der Cyberfeminismus das Internet als utopischen Ort vor, in welchem die binären Geschlechterrollen aufgehoben werden könnten. Heute ist der Sexismus im und durch das Internet so prekär wie noch nie. Gleichzeitig manifestieren sich aber auch immer mehr Gegenbewegungen dazu. Entwicklungen in Kommunikationstechnologien und -medien schaffen gerade in Sachen Identität neue Möglichkeiten. Diverse Plattformen im Internet werden als Sprachrohr und zur Schaffung von Gemeinschaften genutzt. Jenen technologischen Entwicklungen entspringen also neue Potenziale und Risiken gleichzeitig.
DAS GENDER-HACKING FESTIVAL
Im Fokus des Gender Hacking Festivals stehen Formen des eigenen Genderings, temporäre und permanente Verwandlungen, Gender-Pluralismus und die Hackbarkeit des Geschlechts und der Identität – auf der materiellen und technischen, wie auch auf der soziologischen und subjektiven Ebene. Das Festival untersucht Möglichkeiten und Entwicklungen im Bereich des Gender-Hackings auf eine lustvolle und zugängliche Weise im aktuellen Kontext von Wissenschaft, Gesellschaft, Kultur und Technologie. Dabei regt das Festival Beitragende sowie Besuchende dazu an sich aktiv mit dem Thema Gender-Hacking auseinanderzusetzen und interdisziplinär und kreativ neue Impulse zu schaffen. Die Dokumentation sowie Aufbereitung der Auseinandersetzung ist ein wichtiges Anliegen des Festivals. Es ist uns wichtig verschiedene Haltungen und Auffassungen zu reflektieren und in einem lustvollen Rahmen Austausch und Begegnung zu ermöglichen. Das Festival bietet alternative Sichtweisen und Erfahrungswerte von Geschlechtlichkeit an und versammelt zahlreiche Künstler_ innen, die Gender als Möglichkeitsraum soziopolitischer Auseinandersetzungen ins Zentrum ihres Schaffens setzen.